Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Alexander Alberts

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates und der Verwaltung,

Der Haushaltsentwurf für das aktuelle Jahr 2023 sah bei der Einbringung einen Verlust von rund 10 Mio. € vor. Damals sind wir davon ausgegangen, dass es sich hierbei voraussichtlich um ein – zumindest in dieser Größenordnung – einmaliges Tief handeln wird. Und tatsächlich hat sich das Jahr 2023 dann deutlich positiver entwickelt als damals unterstellt. Insbesondere die Energiekosten sind nicht im befürchteten Maße gestiegen und die Einnahmen, insbesondere aus der Gewerbesteuer, sind deutlich höher ausgefallen, als damals gedacht.

Hieraus könnte man nun ableiten, dass wir das Schlimmste überstanden haben. Die Prognosen des Landes sagen aber etwas Anderes: Wir befinden uns in einer wirtschaftlichen Rezession. Wir müssen davon ausgehen, dass für mehrere Jahre die Steuereinnahmen sinken und die Kosten weiter steigen werden. Jährliche Haushaltsdefizite in Millionenhöhe werden die Folge sein. Dies trifft uns in einer Zeit, in der wir uns als Kommunen eh bereits in einer Schieflage befinden, da wir immer mehr Aufgaben von Bund und Land übertragen bekommen, ohne die finanzielle Ausstattung hierfür zu erhalten.

In dieser sehr misslichen Lage befinden sich derzeit alle Kommunen. Es wäre also mehr als angebracht, wenn sich das Land NRW und/oder der Bund auf den Weg machen würden, die Kommunen endlich zu unterstützen.

Frau Ministerin Scharrenbach behauptet gerne, dass dies geschehe. Tatsächlich passiert jedoch nichts. Das Land ist lediglich dabei, die gesetzlichen Vorgaben zur Haushaltssicherung – in nenne es mal die kommunale Schuldenbremse – aufzuweichen. Hierdurch erhalten die Kommunen nicht einen Cent mehr oder werden auch nur um einen Cent von Aufwendungen befreit. Die Liquidität nimmt unvermindert ab, die kommunalen Schuldenberge wachsen.

Wir als Rat tragen die Budgethoheit und damit die Verantwortung über die Finanzen der Stadt. Wir sollten aufgrund der Erfahrungen – die letzten Entwicklungen habe ich gerade beschrieben – nicht darauf hoffen, dass uns übergeordnete Instanzen unterstützen. Wir müssen hier vor Ort mit der schwierigen Situation allein klarkommen und unangenehme Entscheidungen treffen.

In diesem Bewusstsein hat meine Fraktion über den Haushalt 2024 beraten. Die Diskussionen in den Fachausschüssen haben gezeigt, dass auch viele andere Ratskolleginnen und Kollegen den Ernst der Lage erkannt haben. Gemeinsam und in Abstimmung mit der Verwaltung haben wir einige erste wichtige Schritte zur Konsolidierung unseres Haushaltes vorgenommen.

Dazu zählt leider auch eine Erhöhung der Hebesätze. Auch andere Einnahmequellen – wie beispielsweise die Parkgebühren – müssen erhöht werden.

Auf der anderen Seite wurden erste Einsparungen auf der Aufwandsseite beschlossen. Dabei haben wir uns in diesem ersten Schritt auf Aufgaben konzentriert, die keine großen negativen Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger haben. So wurden beispielsweise die Kosten der Werbung für die Kirmes und viele Einzelpositionen für kleinere Anschaffungen reduziert.

In Summe hat meine Fraktion Verbesserungen für das Jahr 2024 in einer Größenordnung von rund 400.000 € mitgetragen. Für die Jahre 2025 und 2026 sogar von jeweils rund 900.000 €.

Wir hätten uns an der ein oder anderen Stelle – und mit Blick auf das Große Defizit – mehr vorgestellt und haben weitere Einsparvorschläge gemacht, die zu weiteren rund 400.000 € Einsparungen in 2024 geführt hätten. Leider fanden diese Vorschläge keine Mehrheit.

Kein Verständnis haben wir für Vorschläge zur Ausweitung des Stellenplanes. Mittelfristig ist es zwingend erforderlich den Personalbestand zu reduzieren. Nur so lässt sich bei einem personalintensiven Dienstleistungsbetrieb wie dem Rathaus der Aufwand dauerhaft reduzieren. Vorgelagert hierfür müssen die Aufgaben definiert werden, die zukünftig nicht mehr wahrgenommen werden können.

Sofern an der ein oder anderen Stelle der Bedarf für mehr Personal gesehen wird, muss dies durch eine interne Umorganisation befriedigt werden. Einen Spielraum für eine Aufstockung des Personalbestandes wird es in den nächsten Jahren nicht geben.

Bei all diesen Überlegungen hat uns aber auch die Hoffnung begleitet, dass sich die Wirtschaft wieder erholen wird. Aus diesem Grund war es uns wichtig, dass durch die Einsparungen keine strukturellen Verwerfungen entstehen, die nicht mehr oder nur schwer zurückzuholen wären.

Einschnitte für die Vereine und ehrenamtlichen Aktivitäten wurden deshalb weitestgehend vermieden.

Außerdem war und ist es uns wichtig, dass viele notwendigen Investitionen weiterverfolgt und realisiert werden. Hierzu zählen insbesondere die weiteren Sanierungen und Erweiterungen an unseren Schulen. Diese sollen trotz der steigenden Baukosten weiter umgesetzt werden.

Das Thema „Verwaltungsmodernisierung“ soll trotz der Haushaltslage zu Ende betrachtet werden. Dabei sind auch die Folgenutzungen dann nicht mehr benötigter Verwaltungsgebäude aus finanziellen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten mit einzubeziehen.

Auch war es uns wichtig, dass die Ideen der Kinder und Jugendlichen aus dem „Pimp Your Town“-Projekt ihren Weg in die Haushaltsplanberatungen gefunden haben. Das Projekt soll aus unserer Sicht den Kindern und Jugendlichen nicht nur aufzeigen, wie Kommunalpolitik funktioniert, wir möchten in diesem Zusammenhang auch gerne ihre Ideen, Wünsche und Anregungen aufnehmen und ernsthaft beraten und bewerten. Die ggf. damit verbundenen notwendigen Haushaltsmittel stellen wir gerne zur Verfügung.

Wir freuen uns, dass wir trotz der Haushaltslage auch kleinere Verbesserungen erreichen konnten. Hierzu zählt beispielsweise die angedachte Optimierung der Verkehrssituation auf der Kevelaerer Straße in Walbeck und an den Reitwegen im Stadtgebiet. Wir freuen uns auch über die breite Zustimmung zu unseren Vorschlägen für eine Ukraine-Städtepartnerschaft und einen „Tag der Rettungskräfte“.

Auch das große Thema „Unterbringung und Integration“ von Flüchtlingen wird uns im kommenden Jahr massiv weiterbegleiten. In den vergangenen Monaten wurde hier vieles geleistet. Allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen aus Stadtverwaltung und Kreishaus, den beauftragten Verbänden und den Ehrenamtlern sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt.

Geldern profitiert an dieser Stelle – auch dies gehört zur Wahrheit – außerordentlich vom großen Engagement der GWS auf dem Gelderner Wohnungsmarkt. Hierdurch und durch die gute Zusammenarbeit der GWS mit der Stadt konnten die Flüchtlinge in Geldern bislang „vernünftig“ untergebracht werden. Bislang konnte auf die Nutzung von Turnhallen verzichtet werden. Wir haben die Hoffnung, dass dies auch in 2024 gelingen wird.

Ein weiteres spannendes Thema in 2024 wird die Übernahme der Veranstaltungen des Werberings durch die Stadt Geldern sein. Nach längeren – teilweise unnötigen – Diskussionen konnte aus unserer Sicht die richtige organisatorische Lösung gefunden werden. Wir wünschen dem Team rund um Rainer Niersmann eine glückliche Hand und viel Erfolg.

Aufgrund bzw. trotz der gemachten Ausführungen wird die FDP-Fraktion den Haushalt 2024 mittragen. Dieser Entscheidung gingen anstrengende interne Beratungen voraus. Oftmals ging es einen Schritt voran und im nächsten Moment durch Nachmeldungen wieder zwei Schritte zurück.

Mit einigen Bauchschmerzen müssen wir die weitere Entwicklung im kommenden Jahr abwarten. Treten die prognostizierten Einbrüche auf der Einnahmeseite ein? Entwickeln sich die Ausgaben weiter nach oben? Müssen wir uns mit weiteren unvorhersehbaren Situationen auseinandersetzen? Welche weiteren Auswirkungen werden Energiewende, Ukraine-Krieg und der Klimawandel auf die Stadt Geldern und ihre Finanzen haben?

Noch ein letzter Hinweis: Wie schon im HFSA ausgeführt, wird die FDP für das Jahr 2025 lediglich eine – wie den Bürgerinnen und Bürgern von Bundes- und Landesebene versprochenen – „aufkommensneutralen“ Anpassung der Hebesätze bei der Grundsteuer (Stichwort: Grundsteuerreform) mittragen. Sollte sich – und davon muss man aktuell ausgehen – eine weitere und längere Schieflage abzeichnen, kann dieser nur durch Einsparungen entgegengewirkt werden. Wir sind bereit hier frühestmöglich – weit vor den eigentlichen Haushaltsplanberatungen 2025 – in einen gemeinsamen Dialog einzusteigen.

Und damit komme ich zum Schluss: die FDP-Fraktion wird dem Haushalt 2024 wie bereits erwähnt zustimmen! Ich bedanke mich an dieser Stelle auch im Namen meiner Fraktionskolleginnen und Kollegen bei Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit in diesem Jahr.

Ich wünsche uns allen ein gutes, frohes und gesundes Jahr 2024!

Vielen Dank!